Pflegefachfrau/-mann werden ohne Matura? Ja, das geht!
- 14.05.2025

Der Pflegeberuf in der Schweiz ist anspruchsvoll, erfüllend und gefragter denn je. Die demografische Entwicklung und der hohe Qualitätsanspruch im Gesundheitswesen sorgen für einen anhaltenden Bedarf an gut ausgebildeten Pflegefachpersonen. Viele Interessierte glauben jedoch fälschlicherweise, dass der Weg in die diplomierte Pflege zwingend über eine gymnasiale Matura führt. Dem ist nicht so! Das durchlässige Schweizer Bildungssystem bietet auch ohne Maturität klare und anerkannte Wege, um sich zur diplomierten Pflegefachfrau oder zum diplomierten Pflegefachmann ausbilden zu lassen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie das funktioniert.
Die Schweizer Pflegeausbildungslandschaft im Überblick
In der Schweiz gibt es verschiedene Qualifikationsstufen in der Pflege. Wichtig für unseren Fokus sind vor allem:
- Fachfrau/-mann Gesundheit (FaGe) mit eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ): Eine 3-jährige berufliche Grundbildung (Sekundarstufe II). FaGe arbeiten in der direkten Pflege und Betreuung, übernehmen jedoch Aufgaben unter der Verantwortung von diplomierten Pflegefachpersonen. Sie sind keine diplomierten Pflegefachleute, aber diese Ausbildung ist oft ein ideales Sprungbrett.
- Dipl. Pflegefachfrau/-mann HF: Ein Abschluss einer Höheren Fachschule (HF). Dies ist ein Diplom der höheren Berufsbildung (Tertiärstufe B) und der zentrale Weg zum anerkannten Pflegefachdiplom ohne Matura.
- Bachelor of Science (BSc) FH in Pflege: Ein Hochschulabschluss einer Fachhochschule (FH) (Tertiärstufe A). Dieser Weg erfordert in der Regel eine (Berufs-)Matura und hat oft einen stärker wissenschaftlich-akademischen Fokus als die HF.
Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Weg zur Dipl. Pflegefachperson HF ohne Matura.
Der Hauptweg ohne Matura: Die Ausbildung an der Höheren Fachschule (HF)
Der wichtigste und direkteste Bildungsweg zur diplomierten Pflegefachperson ohne gymnasiale Maturität führt über die Höhere Fachschule (HF). Der Abschluss als "Dipl. Pflegefachfrau HF" bzw. "Dipl. Pflegefachmann HF" ist ein eidgenössisch anerkannter Titel der höheren Berufsbildung. Er befähigt Sie zur eigenverantwortlichen Planung, Ausführung, Delegation und Überwachung des Pflegeprozesses bei Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen in unterschiedlichen Versorgungskontexten (Spital, Langzeitpflege, Psychiatrie, Spitex etc.).
Zulassung zur HF Pflege – Ihre Möglichkeiten ohne Matura
Die gute Nachricht ist: Eine gymnasiale Matura ist keine zwingende Voraussetzung für die Zulassung zum HF-Bildungsgang Pflege. Es gibt mehrere alternative Wege, wie Sie die Zulassungsbedingungen erfüllen können:
- Mit Abschluss als Fachfrau/-mann Gesundheit (FaGe) EFZ: Dies ist der häufigste und direkteste Weg. Mit einem FaGe-Abschluss erfüllen Sie die grundlegende Zulassungsvoraussetzung. Viele HF-Schulen bieten für FaGe sogar einen verkürzten Bildungsgang an (oft 2 statt 3 Jahre Vollzeit), sofern die Eignung nachgewiesen wird.
- Mit einem anderen eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ): Auch ein Abschluss einer anderen, mindestens dreijährigen beruflichen Grundbildung (EFZ) kann zur Zulassung berechtigen. Hierfür wird oft zusätzlich Berufserfahrung (meist mindestens 1-2 Jahre, manchmal spezifisch im Gesundheits-/Sozialbereich) verlangt.
- Mit Fachmittelschulausweis (FMS): Ein Abschluss einer Fachmittelschule, idealerweise mit Berufsfeld Gesundheit oder Soziales, ist ebenfalls ein anerkannter Zulassungsweg. Je nach Ausrichtung des FMS-Abschlusses kann ein zusätzliches Praktikum oder eine Prüfung erforderlich sein.
Das zentrale Element: Das Eignungsverfahren
Unabhängig von Ihrem Vorbildungsweg müssen alle Bewerberinnen und Bewerber ein mehrstufiges Eignungsverfahren erfolgreich durchlaufen. Dieses soll sicherstellen, dass Sie die persönlichen und kognitiven Voraussetzungen für den anspruchsvollen Pflegeberuf mitbringen. Das Verfahren kann je nach Kanton und Schule leicht variieren, umfasst aber typischerweise:
- Eignungstest: Oft wird ein standardisierter Test wie die "Multicheck® Kompetenzanalyse Gesundheit HF" verlangt, der logisches Denken, Konzentration, Textverständnis, aber auch berufsspezifische Fähigkeiten prüft. Es gelten bestimmte Mindestpunktzahlen.
- Bewerbungsdossier/Portfolio: Einreichen von Lebenslauf, Motivationsschreiben, Zeugnissen etc.
- Eignungspraktikum: Ein kurzes (oft 2-5 Tage) Praktikum in einer Pflegeinstitution, bei dem Ihre praktische Eignung, Sozialkompetenz und Motivation durch den Betrieb beurteilt werden und Sie eine Selbstbeurteilung vornehmen. Dieses Praktikum müssen Sie meist selbst organisieren.
- Eignungsgespräch: Ein persönliches Gespräch an der HF-Schule, in dem Ihre Motivation, Reflexionsfähigkeit, Kommunikations- und Sozialkompetenz im Zentrum stehen.
Zudem müssen Sie in der Regel Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens nachweisen können. Das gesamte Eignungsverfahren braucht Zeit, und die Ergebnisse sind oft nur für eine bestimmte Dauer gültig. Eine frühzeitige Auseinandersetzung damit ist entscheidend.
Ausbildungsinhalte und Ablauf an der HF Pflege
Die HF-Ausbildung zur diplomierten Pflegefachperson dauert in der Regel drei Jahre im Vollzeitstudium (bzw. zwei Jahre für FaGe) oder entsprechend länger im berufsbegleitenden Modell (z.B. vier Jahre). Sie ist sehr praxisorientiert aufgebaut und wechselt zwischen theoretischem Unterricht an der Höheren Fachschule und praktischen Einsätzen (Praktika) in verschiedenen Institutionen des Gesundheitswesens (z.B. Akutspital, Langzeitpflege, Psychiatrie, Spitex, Rehabilitation). Sie erlernen umfassende pflegerische, medizinisch-technische, kommunikative und organisatorische Kompetenzen, um Patientinnen und Patienten professionell pflegen und betreuen zu können.
Die Rolle der FaGe-Ausbildung als ideales Sprungbrett
Obwohl die Ausbildung zur Fachfrau/-mann Gesundheit EFZ keine diplomierte Pflegefachperson hervorbringt, ist sie ein ausgezeichnetes Fundament und Sprungbrett für die HF-Pflegeausbildung. Sie erwerben nicht nur grundlegende pflegerische und medizinaltechnische Kompetenzen, sondern sammeln auch wertvolle Praxiserfahrung im Gesundheitswesen. Zudem erfüllen Sie damit oft die direkteste Zulassungsbedingung und können von der verkürzten HF-Ausbildungsdauer profitieren.
Weitere Optionen und Perspektiven nach der HF
Wer nach der FaGe-Lehre die Berufsmaturität (BM) absolviert (gesundheitlich-soziale Richtung, oft parallel zur Lehre als BM1 oder danach als BM2 möglich), schafft sich die Voraussetzung für ein Bachelorstudium (BSc) Pflege an einer Fachhochschule (FH). Dieser Weg ist stärker wissenschaftlich ausgerichtet. Aber auch nach dem HF-Diplom ist der Weg nicht zu Ende: Unter bestimmten Bedingungen und oft mit Zusatzleistungen (Passerelle) ist ein verkürztes Bachelorstudium an einer FH möglich, was weitere Karrierewege in Management, Bildung oder Advanced Nursing Practice eröffnen kann.
Den richtigen Ausbildungsplatz finden
Informieren Sie sich frühzeitig über die Höheren Fachschulen für Gesundheit in Ihrem Kanton oder Ihrer Wunschregion. Die Websites der Schulen (z.B. ZAG/Careum in Zürich, BZ Pflege Bern, BfGS Thurgau, BZG Basel, HFGS Aarau, XUND Luzern), die kantonalen Berufsberatungszentren (BIZ/ask), die nationale Organisation der Arbeitswelt Gesundheit & Soziales (OdASanté) und Portale wie berufsberatung.ch bieten umfassende Informationen. Achten Sie besonders auf die spezifischen Zulassungsbedingungen und Termine für das Eignungsverfahren der jeweiligen Schule, da diese leicht variieren können. Bereiten Sie sich gut auf das Eignungsverfahren vor!
Fazit: Ihr Weg in die Pflege ist offen!
Eine erfüllende Karriere als diplomierte Pflegefachfrau oder diplomierter Pflegefachmann in der Schweiz ist auch ohne gymnasiale Matura absolut realistisch und erreichbar. Der Weg über die Höhere Fachschule (HF) ist etabliert, anerkannt und praxisnah. Eine abgeschlossene Berufslehre (insbesondere als FaGe) oder ein FMS-Abschluss, kombiniert mit persönlicher Eignung und Motivation, öffnet Ihnen die Türen. Das mehrstufige Eignungsverfahren ist zwar eine Hürde, aber mit guter Vorbereitung machbar. Wenn Sie sich für Menschen interessieren, verantwortungsbewusst sind und einen sinnstiftenden Beruf mit Zukunft suchen, dann informieren Sie sich noch heute über Ihre Möglichkeiten!